Widerspruchsverfahren im PBefG in Niedersachsen wieder eröffnet

Mit Erlass vom 03.02.2012 hatte das Land die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bei Entscheidungen nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) als nicht mehr zulässig eingeordnet. Fast 10 Jahre später, genau seit dem 24.11.2021, sind die LNVG und mit ihr sämtliche kommunalen Genehmigungsbehörden wieder verpflichtet, vor Erhebung der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ein sog. Vorverfahren durchzuführen. Wie kam es zu dieser Entwicklung und was waren die entscheidenden Wegmarkierungen?

 

Seit 2005 hatte die LNVG als verantwortliche niedersächsische Liniengenehmigungsbehörde die Durchführung des Vorverfahrens im PBefG stets als rechtlich zwingend eingeordnet. Ihre Position gründete sie auf § 55 PBefG. Die bundesrechtliche Norm statuiert generell das Widerspruchsverfahren für Entscheidungen nach dem PBefG und ist – so die Rechtsüberzeugung der LNVG, die vom Land geteilt wurde – als lex specialis einer Abschaffung durch Landesrecht nicht zugänglich.

Der Erlass des Landes kam nicht aus heiterem Himmel, er stützte sich auf ein obiter dictum des Verwaltungsgerichtes Oldenburg vom 23.09.2011. Das Gericht hatte in einem den Taxenverkehr betreffenden Streitfall dem niedersächsischen Landesgesetzgeber die Befugnis zuerkannt, die Durchführung des Widerspruchsverfahrens im Anwendungsbereich des PBefG abzuschaffen, was dieser nach Auffassung des Gerichts auf Grundlage von § 8a des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung auch angeordnet hatte.

Die vorgegebene Erlasslage hatte annähernd 10 Jahre Bestand, bis das Bundesverwaltungsgericht am 09.06.2021 in letzter Instanz entschied: § 55 Satz 1 PBefG verpflichtet zur Durchführung eines Vorverfahrens bei der Anfechtung sämtlicher Verwaltungsakte nach dem PBefG, entsprechendes gilt auch bei Klagen auf Vornahme solcher Verwaltungsakte. Diese Regelung erstreckt sich nicht nur auf die Anfechtung von Entscheidungen der Länderverkehrsministerien oder des Bundesverkehrsministeriums – sie gilt auch in Fällen, in denen nachgeordnete Behörden wie die LNVG entscheiden. Eine Abweichungsbefugnis, also die Kompetenz diese Bundesregelung abzuschaffen, habe der Landesgesetzgeber nicht, stellten die Richter des 8. Senats in ihren Leitsätzen fest.

Der damalige Erlass ist im Anschluss an das Urteil und nach einem Bericht der LNVG an das niedersächsische Verkehrsministerium wieder geändert worden. Diese Entwicklung ist aus Sicht der LNVG unbedingt zu begrüßen, eröffnet sie doch den Beteiligten die (niedrigschwellige) Möglichkeit, in einem materiell wie auch zeitlich weniger aufwendigen vorgerichtlichen Verfahren die Recht- und Zweckmäßigkeit der streitigen Entscheidung noch einmal zu überprüfen und sie gegebenenfalls zu korrigieren. Dass die Parteien so auch Prozesskosten sparen, mithin auch weniger Klageverfahren die Verwaltungsgerichte erreichen, bleibt unstreitig und ist als weiterer Pluspunkt zu verbuchen.

Rainer Peters

Cookies sind für ein korrektes Funktionieren der Webseite notwendig. Außerdem nutzen wir auf dieser Webseite Cookies zur Optimierung der Inhalte mit Hilfe der statistischen Auswertung des Benutzerverhaltens. Klicken Sie auf „Cookies aktivieren", um Cookies zu akzeptieren und die Website zu besuchen. Klicken Sie auf "Cookies deaktivieren", um nur die technisch notwendigen Cookies zu aktivieren.