Kontrolle von Fernbusverkehren: Das Wie und Warum im Interview mit den Verantwortlichen

Anne Gottwald-Müller und Dirk Holsten sind in der LNVG verantwortlich für die Genehmigung internationaler Linienverkehre. Eine ihrer Aufgaben ist die Kontrolle von Fernbusverkehren.

Frau Gottwald-Müller, in Deutschland scheint alles streng geregelt zu sein. Stimmt es tatsächlich, dass ein hannoverscher Polizeibeamter und Sie 1996 Kontrollen für Fernbusse quasi in Eigenregie begonnen haben?

Anne Gottwald-Müller: So kann man das schon sagen. Der Beamte des Zentralen Verkehrsdienstes der Polizeidirektion Hannover stand unangemeldet bei mir im Büro. Er war mit seinem Dienstmotorrad gelegentlich auf dem ZOB und hatte da auch Fernbusse entdeckt, die gar keine Genehmigung für die von ihnen betriebene Linie hatten. Ich war damals ganz neu bei der Bezirksregierung Hannover und für diese Fragen verantwortlich. Mich hat das interessiert. Wir sind dann mit zwei, drei Leuten losgegangen und haben angefangen zu kontrollieren.

Wieso hat es denn das vorher nicht gegeben?

Anne Gottwald-Müller: Es mag damit zu tun gehabt haben, dass es damals hauptsächlich Buslinien nach Südost- und Osteuropa waren, die kaum von deutschen Staatsbürgern genutzt wurden, das waren Touren von bis zu fünfeinhalb Tagen. Erst seit 2013 wurde ja der Fernbusverkehr innerhalb Deutschlands liberalisiert, seitdem sind Fernlinien auch innerhalb der EU deutlich attraktiver. Uns ist damals aber schnell klar geworden, dass es wichtig ist, regelmäßig zu kontrollieren. In der Tat waren da auch viele Busse ohne Genehmigung unterwegs.

Warum sind Kontrollen wichtig?

Dirk Holsten: Kontrollen haben mehrere Seiten. Wir prüfen, ob die Fernlinie wie genehmigt gefahren wird und ob der Busfahrer  eine entsprechende Originalurkunde dabei hat.  Die Fahrgäste müssen sich darauf verlassen können, dass der Bus auch tatsächlich fährt wie gebucht. Die Polizei kontrolliert den Zustand des Busses, die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten, auch Visa. Reisende müssen darauf vertrauen können, dass die Vorschriften zum Schutz der Sicherheit im Straßenverkehr eingehalten werden. Der Zoll ist auch gelegentlich dabei, da geht es dann um die Bekämpfung von Schwarzarbeit und Schmuggel. Bei all dem geht es auch um die Zuverlässigkeit des Unternehmers.

Wie reagieren denn die Fahrgäste? Diese Kontrollen sind ja eine Verzögerung…

Dirk Holsten: Die Fahrgäste fragen durchaus nach, was wir da machen und warum. Und dann haben sie meist  großes Verständnis. Viele bedanken sich sogar – sie fühlen sich sicherer, weil kontrolliert wird.

Wirken denn die Kontrollen?

Dirk Holsten: Ja, sie haben nach unserer Einschätzung einen präventiven wie auch erzieherischen Effekt. Die Unternehmen wissen, dass ihnen auf die Finger geschaut wird und sie Genehmigungen haben müssen, die sie dann auch einhalten. Und was viele nicht wissen: Die großen Fernbusanbieter fahren ja nicht selbst, sondern setzen  in der Regel Subunternehmer ein. Durch die Kontrollen ist inzwischen eine öffentliche Aufmerksamkeit entstanden. Dies hat dazu beigetragen, dass die Marktführer zunehmend selbst prüfen, ob sich ihre Auftragsunternehmer korrekt verhalten und zum Beispiel Lenk- und Ruhezeiten einhalten.

Frau Gottwald-Müller, Sie machen diese Kontrollen jetzt seit über 20 Jahren. Ist Ihnen eine besondere Begebenheit in Erinnerung?

Anne Gottwald-Müller: Wenn Sie eine lustige Begebenheit meinen, da muss ich passen. Was mir besonders in Erinnerung geblieben ist, ist die Zeit der Bürgerkriege im ehemaligen Jugoslawien in den 90er Jahren. Da hatten die Busse große Anhänger, komplette Hausstände wurden da transportiert, um die Familien in der Heimat zu unterstützen.

Frau Gottwald-Müller, Herr Holsten, sind Sie selbst gerne mit dem Fernbus unterwegs?

Anne Gottwald-Müller: Das ist mir zu nah an der Arbeit. Ich fahre sehr gerne Bahn.

Dirk Holsten: Ich selbst nicht, aber mein Sohn gelegentlich.

Dirk Altwig

 

Buskontrollen: LNVG und Polizei arbeiten Hand in Hand

Die LNVG nimmt in Niedersachsen seit 2005 die Funktionen einer Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen wahr. Sie zeichnet in diesem Zusammenhang für rund 2.600 Linienkonzessionen und rund 170 Verkehrsunternehmen zwischen Nordsee und Harz verantwortlich. Damit ist sie die größte deutsche Genehmigungsbehörde. Neben dem ÖPNV ist sie für den nationalen wie auch für den grenzüberschreitenden (internationalen) Busfernverkehr zuständig.

Zu den Aufgaben der LNVG gehören neben der Erteilung von Liniengenehmigungen auch die Überwachung der genehmigungskonformen Durchführung dieser Verkehre und die Unterbindung illegal betriebener Personenbeförderungen. Diese Kontroll- und Aufsichtsfunktionen sollen die Sicherheit und Ordnung im Linienverkehr gewährleisten, gleichzeitig dienen sie der Sicherheit der Fahrgäste und schützen rechtstreue Busunternehmen vor solchen Firmen, die sich durch Rechtsverstöße ungerechtfertigt Kostenvorteile im Wettbewerb verschaffen wollen.

An den mehrmals jährlich stattfindenden allgemeinen Schwerpunktkontrollen der Polizei im Busfernverkehr nehmen die Beamten/innen der Liniengenehmigungsbehörde regelmäßig teil. Gelegentlich schließt sich auch der Zoll an. Aus Sicht der LNVG fallen dabei insbesondere die nicht genehmigungskonforme Durchführung des Linienverkehrs sowie Verstöße gegen die Mitführungspflicht der amtlichen Beförderungsdokumente ins Gewicht. Die festgestellten Gesetzesverstöße werden in der Regel im Rahmen eines Ordnungswidrigkeiten-Verfahrens geahndet.

Von Seiten der Polizei werden bei den Buskontrollen insbesondere die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten des Fahrpersonals (Sozialvorschriften), der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften und des Ausländerrechts überprüft. Sofern eine erhebliche Überschreitung der Lenkzeiten festgestellt wird, wird eine Fortsetzung der Fahrt untersagt. Das betroffene Unternehmen muss dann einen Ersatzfahrer schicken.

Schwerwiegende Rechtsverstöße, insbesondere gegen Sozialvorschriften, können dazu führen, dass die LNVG die Unzuverlässigkeit des verantwortlichen Geschäftsführers bzw. Verkehrsleiters feststellt und ihm die weitere Berufsausübung im Verkehrsgewerbe untersagt. Eine schwerwiegende Maßnahme, von der die Genehmigungsbehörde bislang nur sehr selten Gebrauch machen musste.

Rainer Peters

Cookies sind für ein korrektes Funktionieren der Webseite notwendig. Außerdem nutzen wir auf dieser Webseite Cookies zur Optimierung der Inhalte mit Hilfe der statistischen Auswertung des Benutzerverhaltens. Klicken Sie auf „Cookies aktivieren", um Cookies zu akzeptieren und die Website zu besuchen. Klicken Sie auf "Cookies deaktivieren", um nur die technisch notwendigen Cookies zu aktivieren.